Georg Gartz ist Kölner Künstler. Zudem zählt er zum Team der Kunstvermittler*innen des Museumsdienst Köln. Ich treffe ihn im Werkstattatelier des Museum Ludwig und freue mich auf das Gespräch.

Angelika (A): Georg, wie kam es eigentlich dazu, dass Du die künstlerische Laufbahn eingeschlagen hast?
Georg (G): So ganz genau kann ich das nicht sagen, aber Kunst und Malerei haben mich schon als Kind interessiert und da ich in der Schule insgesamt nicht sehr gut war aber in der Kunst immer eine Eins hatte, war das etwas, wo ich meine Bestätigung bekam. Das ist wichtig, dass man einen Bereich hat, in dem man Anerkennung erhält. Ich hatte damals aber kein Bild von dem, was ein Künstler ist, ich kannte keinen. Ich habe dann nach dem Abitur als die Frage aufkam: was machst Du jetzt, ich erst einmal Kunsterziehung hier in Köln studiert, merkte aber sehr schnell, dass da doch ein Unterschied ist und habe dann parallel an der Fachhochschule in Köln freie Malerei studiert. Dass ich das Studium der Kunsterziehung mit dem zweiten Fachexamen abgeschlossen habe war dann die Voraussetzung dafür, dass ich als Vermittler im Museum arbeiten konnte.
A: Gab es einen Beruf, den sich Deine Eltern für Dich vorgestellt hatten?
G: das ist sicher immer etwas, das „sicherer“ vom Einkommen her ist. Bestimmt hätten sie nichts dagegen gehabt, wenn ich Lehrer geworden wäre. Sie haben auch nie verstanden – da ich ja die Ausbildung hatte – warum ich nie an die Schule gegangen bin. Es hat lange gedauert, bis sie einsahen, dass man auch als freier Künstler überleben kann.
A: Du hast als Künstler in ganz vielen verschiedenen Medien gearbeitet, mit Textil, Installation, Aquarell, Foto, aber besonders oft arbeitest Du heute mit Acrylmalerei. Was findest Du beim Arbeiten mit Acryl besonders herausfordernd?

G: Die Techniken sind im Grunde nicht so eine wichtige Sache. Wichtiger ist natürlich, dass man bestimmte Ideen realisiert und das man dabei die Farbe so nutzt, dass die Ideen Gestalt annehmen können. Ich habe lange Zeit mit Ölfarben gearbeitet, was ich auch schätze, aber dann gab es einen Punkt, wo ich von heute auf morgen das Medium gewechselt habe. Darüber bin ich heute sehr froh, da Acryl das Spontane, das schnelle Trocknen ermöglicht. Ich schätze an Acryl die Geduld der Farben, damit kann man alles Mögliche machen. Es ist einfacher als mit Öl, wo man die Probleme hat mit der Säuberung der Pinsel und all das. Ich bin froh, jetzt in Acryl zu arbeiten.
A: Das klingt für mich so, als wenn man etwas „freier“ damit agieren könnte?
G: Ja, das stimmt.
A: 2018 hast Du eine Ausstellung in Marrakesch gezeigt. Gab es dabei einen Unterschied im Vergleich dazu, wenn Du eine Ausstellung in Deutschland präsentierst?
G: Kunst betrachten ist für mich immer sehr wichtig. Ich profitiere sehr stark von Ausstellungen und davon, sich mit anderen Künstler*innen auseinander zu setzen. Als Jugendlicher war das für mich vor allem Michael Buthe, der einen großen Einfluss hatte. Das war der Grund, warum ich nach Marrakesch gegangen bin. Man ist natürlich erst einmal fremd da. Man kann eine Ausstellung nicht alleine auf die Beine stellen, ohne die Unterstützung von Künstler*innen dort, die einem beim Organisieren und auch beim Einladen der Leute helfen.
Ich habe in einem ganz alten historischen Ort im Dar Cherifa ausgestellt. Dies zu tun ist ein noch tieferes Eintauchen in eine andere Kultur. Marrakesch ist eine Stadt, die sehr stark von gegenwärtiger Kunst geprägt ist. Insgesamt hat man in Marrakesch ein bisschen das Gefühl, dass die Euphorie für zeitgenössische Kunst noch so da ist, wie wir das hier in Köln in den 1980er Jahren hatten. Dass bei der Kunstmesse und in den Galerien die Besucher*innen strömen und viele Angereiste kommen. Es ist ein spürbares Interesse an Kunst vorhanden. Ich hatte auch sehr viele Kontakte zu Leuten in den Souks*, wo ich gearbeitet habe, da trifft man Verkäufer*innen und andere, die gar nichts mit Kunst zu tun haben, aber die finden es immer sehr spannend, was man macht. Es gibt die Neugierde dafür.


A: Wenn es wieder möglich sein wird zu reisen, wohin würde es Dich dann ziehen?
G: Manche meiner Reisen haben sich zufällig entwickelt oder durch Kontakte zu Künstler*innen, dass man zum Beispiel eingeladen war. Man weiß nicht immer, was einen inspiriert und was nicht. Was auf jeden Fall auf andere Weise sehr faszinierend ist, ist New York. New York als Kunststadt und als Inspiration für Architektur. Dort findet ein prägnantes, direktes und intensives Stadtleben statt, auf den Straßen, in den Nebenstraßen, das stark spürbar ist. Da würde ich gern hin, wenn sich die Corona-Situation beruhigt hat.
A: Da komme ich mit. So, nun zu Deiner weiteren Tätigkeit als Kunstvermittler. Was macht Dir daran am meisten Freude?
G: Am Anfang war es gar nicht einfach beide Positionen zu belegen. Einmal etwas als Künstler zu betrachten und dann als Vermittler zu agieren. Ich finde, als Vermittler muss man eine gewisse Distanz haben, man muss eine Haltung zu einem Kunstwerk entwickeln und dann aus dieser Haltung heraus versuchen, das Publikum an das Kunstwerk heranzuführen. Das Emotionale, das während des Malens eine große Rolle spielt, spielt bei der Kunstvermittlung erst einmal keine so große Rolle. Da nehme ich erst einmal eine neutrale Position als Vermittler ein. Dennoch realisiere ich, dass Menschen immer wieder mitbekommen, dass ich Kenntnisse von Malerei habe, dadurch, wie ich auf Kunstwerke eingehe, vielleicht auch dadurch, dass ich mehr von der Technik und von der Gestaltung des Bildes ausgehe. Das ist für mich ein interessanter Ansatz, darüber mit Menschen in Kontakt zu kommen, gerade auch mit Kindern. Darüber hinaus ist es überraschend, was Kinder in Bildern entdecken können, was man selber gar nicht so wahrgenommen hat. Für mich persönlich ist diese Tätigkeit eine vertiefende Auseinandersetzung mit Kunst.
A: Zum Abschluss eine kreative Frage: Wenn Du ein Nahrungsmittel wärst, welches wärst Du dann?
G: Was mir wichtig ist, ist dass ich Brot und Milch zu Hause habe, da ich denke, damit kann man irgendwie immer über die Runden kommen. Aber ich wäre Gemüse.
A: Warum Gemüse?
G: Weil es immer frisch und direkt ist.
A: Eine gute Wahl. Vielen Dank für das Gespräch!
Fazit: Kunst wird nie langweilig, egal aus welcher Position heraus man sie betrachtet.
Wer Georg Gartz als Kunstvermittler in Aktion sehen will, schaut sich hier sein Tutorial zur Technik der Frottage an: https://www.youtube.com/watch?v=T1-TdvtIeAs
Oder besucht seine website, auf der seine eigene Kunst zu sehen ist: www.georg–gartz.de
*Souks sind die Märkte von Marrakesch, in denen alle Marrokaner*innen, egal welchen Alters oder Hintergrunds zusammentreffen. Hier findet das Leben statt und Einkäufe werden getätigt.