ist der Titel der Ausstellung, die vom 06.07. bis 26.08.2017 in der artothek, Raum für junge Kunst Köln, gezeigt wird.
Mit der Künstlerin Carolin Eidner sprach Susanne Kieselstein
Wörtlich übersetzt in die deutsche Sprache würde der Ausstellungstitel „Kreatur aus Zweifel und Verzögerung“ lauten. Können Sie etwas zu Ihrem Verständnis dieser beiden Begriffe sagen und einen Hinweis geben, was der Zweifel und die Verzögerung in ihrem Werk bedeuten?
Das Kunstwerk an sich hat keine starre Bedeutung (Slavoj Zizek), es bewegt sich im Zweifel, fordert den Zweifel. Der Titel ist als Aussage zu verstehen darüber, wie ich Menschsein auffasse und begreife: Das menschliche Dasein ist stark bestimmt durch ein scheinbar endloses Streben nach etwas, was jedoch nicht einsetzt (: das ist die Verzögerung), der Mensch strebt danach, etwas zu erreichen, was am Ende nie eintritt und so bewegt er sich dabei immer in der fragenden Position, der Zweifel ist somit konstitutiv.
Zweifeln beinhaltet Verunsicherung; denn etwas in Frage zu stellen bis zur Anzweiflung festgelegter Wahrheiten verunsichert enorm. Überzeugungen von ihrem festen Fundament zu lösen (zu stoßen?) und so etwas in Bewegung zu bringen, ist das der Motor, der sie antreibt, oder treibt vielmehr der Zweifel etwas mit Ihnen?
Wie schon angesprochen, in meinem Verständnis ist der Mensch eine Kreatur der Verzögerung und des Zweifels. Der Zweifel ist in meinen Augen eine Vorstufe zum Wunsch. Indem man etwas Gegebenes nicht akzeptiert, wird es angezweifelt. Man zweifelt die Begrenzung an und strebt zur Erweiterung. Der Wunsch nach Wachstum, z.B. also Unbekanntes zu durchdringen, wird aus dem Zweifel geboren.
Dabei ist meine Haltung die des Agierens, der Zweifel bildet als philosophische Kategorie vielleicht das Fundament der Aktion.
Das von Ihnen verwendete Material, wie z.B. der Gips, ist für Sie auch ein Symbol. Welche Rolle spielt dabei, dass Gips bereits vor 7000 Jahren v. Chr. verwendet wurde. Welche symbolischen Bedeutungsinhalte sind für diese Ausstellung in Köln von besonderer Wichtigkeit?
Gips ist ein Material das ich mit „demokratisch“ charakterisieren möchte, es ist gleichzeitig sehr „aufgeladen“; das Material ist primordial in seiner Urbeschaffenheit. Der Gips ist andererseits als Pulver flüchtig, wird oftmals als Medium zur Vorbereitung anderer Formen verwendet. Gips ist damit wenig manifest, vielmehr dient er der Herstellung etwas Manifestem. Gips wird dazu mit Wasser versetzt, d.h. verflüssigt, trocknet dann recht schnell und nimmt im weiteren Prozess einen unverrückbaren, festen, starren, unbeweglichen Zustand an. Daher ist Gips durchaus ein symbolisches Material für mich.
Besonders interessant finde ich die Leerstellen in Ihren Bildern und Objekten. Ich denke an die Pause beim Sprechen, welche dem Gesagten noch mehr Bedeutung verleiht, eine besondere Tiefe evoziert und den Nachklang erzeugt. Sind die Leerstellen in ihren Bildern vergleichbar zur Unterstreichung des Vorhandenen angelegt?
Sie sprechen die digitalen Prints in der Kölner Ausstellung an. Ich arbeite mit dem herkömmlichen Photosphop am PC. Die Arbeitsweise ist unkompliziert und durchaus einfach und mit dem Skizzieren zu vergleichen, vieles hat etwas vom Anfertigen eines Entwurfs. Es ist ein schnelles Arbeiten, die Werke sind oftmals, ähnlich wie der Gips, ein Übergangsmedium, vom Charakter eher ein Entwurf, und dann eben doch ein Werk, eine Arbeit und damit auch letztlich der „Wurf“ selbst.
Was die Leerstellen betrifft, so sind diese für mich ein Verweis auf ein noch Unbekanntes, eine Potenz und auch ein Potential; da bleibt etwas undefiniert, vieldeutig, offen und leer. Im Hinduismus kennt man die „leere Leere“ und die sogenannte „gefüllte Leere“, auch diese „passen“ in die Leerstellen meiner Bilder hinein.
Susanne Kieselstein, Köln, 20. Juli 2017