Via Appia Antica

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Via Appia. Rombilder, Archiv-Nr. 05/2009 (c) Martin Claßen, 2009

Immer zum KölnTag setzen wir unseren Schreibblog fort. Einmal pro Monat erscheint ein Objekt aus den Kölner Museen, verbunden mit Fragen. Wer möchte, kann sich dazu eine Geschichte ausdenken und als Kommentar einfügen. Heute geht es um die Ausstellung Via Appia Antica – Fotografien von Martin Claßen, die derzeit im Römisch-Germanischen Museum zu sehen ist.

Die 312 vor Christus von Konsul Appius Claudius in Auftrag gegebene und nach ihrer Fertigstellung 540 Kilometer lange Fernstraße verband Rom mit dem antiken Brundisium (Brindisi an der südlichen Adriaküste). Über diese Hafenstadt wurde der Warenaustausch zwischen Italien, Griechenland und Kleinasien abgewickelt. Zugleich war die Via Appia Antica von hoher militärischer Bedeutung. Auch die entlang der Straße vor den Stadtmauern Roms errichteten antiken Grabbauten sind stumme Zeugen römischer Geschichte.

Der Kölner Fotograf Martin Claßen hat die Via Appia, die heute ganz profan Superstrada 7 heißt, mit seiner Kamera bereist und Stationen der Straße in beeindruckenden Fotografien aus seinem ganz eigenen Blickwinkel heraus festgehalten. Seine Aufnahmen zeugen nicht nur von den technischen Errungenschaften des römischen Imperiums, sondern auch vom Umgang der Moderne mit der eigenen Geschichte. Beides – Antike und Moderne – sind an der Via Appia Antica untrennbar und in einzigartiger Weise miteinander verwoben.

Hier kommt die Anleitung:

  1. Stellen Sie einen einen Timer (Mobiltelefon, Wecker) auf fünf Minuten.
  2. Schauen Sie die Abbildung fünf Minuten lang genau und aufmerksam an. Was ist im Hintergrund, was im Vordergrund zu sehen? Welche Atmosphäre hat das Bild? Was verbinden Sie mit der Stimmung in der Fotografie? Wo und in welche Zeit verorten Sie die Landschaft? Zu welcher Jahreszeit wurde die Fotografie aufgenommen? Ist es kalt und frisch oder mild und warm, liegt Feuchtigkeit in der Luft oder ist es eher trocken und staubig? Welche Gerüche kann man wahrnehmen?
  3. Die fünf 5 Minuten sind um.
  4. Sammeln sie zehn Wörter, die Ihnen zur Fotografie einfallen. Nehmen Sie ein markantes Wort heraus und fertigen nun eine zweite Liste mit zehn Wörtern an. Auch hieraus wählen Sie bitte ein Wort für eine dritte Assoziationskette.
  5. Wer möchte, kann nun drei Kernwörter für die Geschichte festlegen.Stellen Sie sich den Timer erneut, nun auf 15 Minuten. Los geht es mit dem Schreiben! Schreiben Sie eine kurze Geschichte. Sie können auf den assoziativ gefundenen Wortschatz zurückgreifen. Sie müssen die Wörter nicht verwenden, sie geben aber einiges an Material an die Hand, beflügeln die Phantasie und lassen Momentaufnahmen, Vignetten, Augenblicke und Gedankenströme entstehen. Folgen Sie dem, was sich zeigt, ohne durch grübelndes Nachdenken den Gedankenfluss zu behindern. Das Hinschreiben der Gedanken erfolgt leicht und  einfach. Perfektion aufgeben und sich dem eigenen  Ausdruck überlassen!

Tipp: Sich zu wiederholen ist ein geeignetes Mittel, immer wieder in den Schreibfluss zu kommen. Wenn dann plötzlich der Schreibfluss erneut stockt, dann schreib einfach auf, was da gerade geschieht, was passiert, z.B. dass es gerade stockt und dir nichts einfällt. Meistens geht es dann direkt wieder weiter und das Schreiben kommt erneut in Gang. Sie können die Geschichte auch einen Tag ruhen lassen, sie dann überprüfen und ein wenig überarbeiten.

In Anlehnung an und mit besten Dank für die Anregungen von Ines Häufler

Susanne Kieselstein

Ein Kommentar

  1. Das hier hat uns erreicht …

    Habichtflug

    „Ich meinerseits bin an Gegenwart interessiert“, sagt Rolf. Rolf betont das immer wieder. Rebellisch, unangepasst, setzt er sich in Szene. Es ist keine Redewendung, eher ein Motto. Er meint es genauso, nur die Gegenwart zählt, das, was jetzt passiert.
    „Wirklichkeit existiert nur als gefühlte Realität. Jede Faser des Lebens, körperlich spüren, alle Sinne aktiviert“. So oder so ähnlich sagt Rolf es. Er betreibt alles intensiv. Er fotografiert und lässt fotografieren. Auch seine Hochzeit. Gleich mehrere Fotografen halten das Ereignis fest, jeden Moment. Am Ende, ein ganzer Trupp. Schwarze, elegante Herren, klassisch im Anzug. Die Ruine im Hintergrund.
    Fast so, wie da, wo Cecilia herkommt. Das alte Land, oben im Norden, bei Hamburg. Die Trauung ist eine schnelle Zeremonie in der Kapelle des kleinen Rathauses. Ihr Kleid, leicht zerzaust, strahlt wie Zuckerguss. Hochglanz-Modefotografie hochpoliert, teure Autos, vor dem Haus. Schwarzer Glanz. Die Eltern fehlen. Den Schreiberling, den mit der großen Klappe und der brotlosen Kunst, den wollen sie nicht. Cecilia und Hansens-Sohn. Genau das hatten sie gedacht. Auch wegen der Höfe. Hätte doch gut gepasst. Familien-Zusammenführen, Fusionieren, zwei Höfe, ein großer Betrieb. Da wird nun nichts draus. Hansens Schweigertochter wird eine andere.

    Cecilia hat den Dickkopf von ihrem Vater, still und stur entzieht sie sich dem Versuch der Vereinnahmung.
    Heute wirkt alles fast wie ein Omen; das Hochzeitsfoto mit der Ruine im seitlichen Grund, ein Haus, unbewohnbar, auf kargem Land, Ödnis.
    Am Mittag das Telegramm aus London. Rolf hat einige Tage in Rom verbracht, ist dann nach London aufgebrochen. Sie und der gemeinsame Sohn, sind nicht mit, zuhause geblieben. Die Aussicht auf eine Zeit ohne ständigen Streit ums Geld ist schön. Es fehlt immer an etwas. Streit ist unvermeidlich. Es sind Kleinigkeiten. Enttäuschte Erwartungen. An allen Stellen. Träume weichen Alpträumen. Die Liebesgeschichte erfährt Ernüchterung, zerplatzt, Desillusion. Cecilia wundert sich über die Form. Ist nicht seine Art, Telegramme zu senden. Sie legt das Kuvert neben den kleinen Dessertteller, löffelt gemächlich Himbeeren. „Eine Spur zu sauer“, denkt sie und greift nach dem kleinen Messer. Ein Schlitz. Das reicht. Jetzt kann sie den Brief aus dem gelblichen Umschlag entnehmen: „12:50 fatal crash at Islington Road, one dead man …“. Sie liest nicht weiter, sie kennt den weiteren Inhalt.

    Sie steht am Fenster, das einen Spalt weit geöffnet ist. Stumm beobachtet sie die Krähen, kreisen aufgeregt um etwas herum. Schrill und laut. Warnrufe ausstoßend, laut kreischend. Und dann erkennt sie den Habicht, oben im Wipfel, hellbraun, groß und mächtig. Eine Krähe fest in seinen kräftigen Krallen. Links und rechts davon, hilfloses Klagen der Krähen.

    Die Rufe der Krähen verweilen noch Wochen in ihrem Ohr.

    Von nun an wird sie immer wieder an diesen Tag erinnert werden.

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