Unter dem Arbeitstitel „Museum taktil – Museum textil“ trafen sich etwa 20 Kolleginnen, um im Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud mit textilen Materialien neue Arbeitsformen zu entwickeln. Wir nennen diese Art vonFortbilduing „Museumslabor“.
Gestartet wurde mit einer Vorstellungsrunde, bei der sich jede Kollegin mit Hilfe ines mitgebrachtes Textilstücks vorstellte.
Das waren zum Beispiel: eine alte Tischdecke aus der Nachkriegszeit, die einer Tante gehörte, Reste eines Lieblingspullovers, das Taufkleidchen der Tochter, ein multifunktionales Tuch mit Baumsilhouette, der Badeanzug, der für eine nicht stattgefundene Reise nach Südamerika gekauft wurde und dann etwas später bei einem Badeausflug gleich beim ersten Tragen ein Brandloch bekam … Es zeigte sich bereits zu diesem Zeitpunkt, dass viele Textilien emotional wahrgenommen werden und ihnen etwas biografisches anhaftet. Bereits jetzt diskutierten wir, dass es sinnvoll und schön wäre, wenn sich verschiedene Generationen über derartige Geschichten austauschen würden. Stoffe und Kleidung als zweite, Wohnen und Räume als dritte Haut – schnell wurde klar, wie nah uns Textilien sind und wie unmittelbar sie Wesentliches von uns zum Ausdruck bringen können.

Im nächsten Schritt sollten textile Materialien nach Ordnungssystemen eingeteilt werden. Zur Verfügung standen: Spitzendeckchen, ein kleiner Webteppich mit üppigem Dekor, ein Putzlappen, Küchenhandtuch, Frotteehandtuch, Bettunterlage, Pflaster, Taschentuch, ein Plüschtier, eine bestickte Buchhülle, Spitzenstulpen, Trotteln … Es gab verschiedene Ideen für Ordnungssysteme, wie Gender, Alter, Funktion, Farbe, Material … Ebenso interessant zu überlegen ist, ob man sich diesen Gegenständen individuell oder in der Gruppe annähert, unter formalen oder inhaltlichen Aspekten?

Alternativen im Vorgehen wurden außerdem diskutiert: Das Material könnte als Tastbar inszeniert werden. Dazu wären Augenbinden sinnvoll. Dazu alternativ wären aber auch Stoffbeutel interessant, in denen die Textilien ertastet werden könnten. Mit Adjektiven könnte dann das Material beschrieben und kategorisiert werden. Interessant könnte auch eine „Duftbar“ sein mit Fläschchen und kleinen Dosen, an denen man schnuppern könnte, z.B. Kaffeepulver, Schuhcreme, Kölnisch Wasser, Parfüm, Gewürze …

Die Teilnehmerinnen wurden nun gebeten, sich jeweils einen Gegenstand auszuwählen und im Museum einem Werk zuzuordnen. Für eine Performance sollte dann zum Abschluss eine kreative Schreibaufgabe bearbeitet werden. Die Methode erinnert an das chinesische Körbchen mit dem Unterschied, dass die Materialien vor dem Museumsbesuch sortiert und auf ihre Bezüge hin untersucht wurden. Die Teilnehmerinnen gaben die Rückmeldung, dass durch die selbständige Auswahl ein persönlicher Bezug und ein starker emotionaler Impuls gegeben wäre.

Die Fortbildungsgruppe war der Meinung, dass mit dem Material gut in verschiedenen Museen und Zielgruppen gearbeitet werden könnte. Ein anderer spannender Strang war das Entwickeln von individuellen künstlerischen Zugängen, welche eventuell Grundlagen für Arbeitsaufträge in der Schule werden können. Hier kann man auf die entstehenden Kunstwerke wirklich gespannt sein. Auch zeigt sich, wie motivierend das textile Material ist, gerade auch durch die handwerkliche Komponente. Kolleginnen regten z.B. eine Kombination mit Gips und Stoffen an oder, nahezu ein schon ausgereiftes Konzept, die typografische Umsetzung von Gedanken zu textilen Fundstücken und die Umsetzung mit Frottagen aus diesem Material.

Weitere künstlerische Annäherungen im Museum werden folgen, so die fotografische Inszenierung von Kunstwerken unter Verwendung verschiedener handwerklich hochwertig gefertigter Halskragen und die Gestaltung von Schnittbogenmodellen mit frei im Museum gefundenen Bildmotiven. Hier kann dann sogar die Umsetzung mit „echtem“ Stoff folgen, z.B. bei Umhängetaschen. Insgesamt kann man bei diesem anregenden Thema sehr gespannt auf die Erlebnisse und Ergebnisse sein, die in diesem Jahr folgen werden. Der Anfang war sehr vielversprechend und intensiv.
Björn Föll und Karin Rottmann