Gestern startete der erste Workshop im Madonnenprojekt. Einen Tag lang ging es um die Bilder, die die „Brücke-Künstler“ malten und um die Frage, wie Mädchen und Frauen hier präsentiert werden. 10 junge Frauen, eine Schauspielerin, eine Tänzerin, zwei Museumspädagoginnen, eine Erzieherin – das machte in der Summe 16 mal geballte Frauenpower. Und mittendrin unser Kollege Dennis Hartmann. Wir müssen ihn auch noch einmal unbedingt fragen, wie er sich da gefühlt hat.

Das Konzept des Workshops verfolgte eine Mischung aus Kunstvermittlung, Theaterpädagogik und Körperarbeit, die im methodischen Wechsel unterschiedliche Aspekte der Frauenbilder im Museum nutzten, um Impulse für eigene Äußerungen der Teilnehmerinnen zu liefern. Als Karin Rottmann einige Hintergrundinformationen über die Rolle der jungen Malermodelle bei den Brücke-Künstlern lieferte, wurden die Gesichter der jungen Frauen sehr nachdenklich. Besonders die Präsentation von Pechsteins „Mädchen auf dem Sofa“ wurde eingehender diskutiert. Hier hatte der bereits an anderer Stelle beschriebene Einstieg das Interesse der Teilnehmerinnen an Fränzis Schicksal sehr befeuert.
Nach einer ersten Aufwärmübung, führte Judith Patzelt die Mädchen an bestimmte Gesten und Körperhaltungen heran, die die Modelle auf den expressionistischen Bildern einnehmen. Ausdruck! Ausdruck! Ausdruck! Das war das Credo der Expressionisten und die Brücke-Künstler verfolgten in ihren berühmten 5-Minuten-Akten die hohe Kunst, das Wesentliche möglichst unmittelbar zu erfassen. Doch was erfassen sie von den Modellen. Wer waren diese Frauen und was sagt ihre Körperhaltung auch über ihr Frausein, ihr Verhältnis zu den Künstlern aus. Die theaterprädaggischen Übungen, wie zum Beispiel das Bildhauerspiel, setzte auf die bewusste Wahrnehmung. Laura Isabell Ax übertrug als Tanzpädagogin die statischen Übungen in choreographische Ansätze und verfestigte so den Umgang mit Körpersprache und Gestik.

Besonders spannend wurde es, als die Bilder zum Leben erweckt wurden und durch Streitdialoge und szenisches Interpretieren die zwischenmenschlichen Situationen nachgestellt wurden. Da konnten die Teilnehmerinnen ihre eigenen Emotionen und Erfahrungen mit den dargestellten Frauen abgleichen. Und vor allem einen persönlichen Bezug erarbeiten. Es ist immer wieder überwätligend, dass die Gemälde auch noch nach 100 Jahren diese starken Impulse geben können. Ob Hutmacherin, kindliches Modell oder gar gespreizte Kokotte – jede dieser Frauen vermittelte den Teilnehmerinnen ihre ganz besondere Rolle. Ein interessanter Aspekt beim Befragen der verschiedenen Bilder war auch der Transfer in die multikulturelle Gesellschaft, der vor allem mit einer tänzerischen Einlage mit dem Requisit Schleier gipfelte.

Eine kleine Collage mag die vielen Aspekte der Frauenbilder noch einmal illustrieren. In der Feedback-Runde gab es viel Lob zum Methodenmix, und es wurde deutlich, dass die expressionistischen Bilder sehr zum Nachdenken angeregt haben. Wir sind schon gespannt, wie die Reise der jungen Frauen weitergehen wird. Ein wichtiger Schritt ist mit der Kreativität des ersten Workshops schon gemacht worden. Nun werden die nächsten Treffen die Möglichkeit bieten, weiter an der Vorstellung von der eigenen Rolle zu arbeiten.
Anke von Heyl
„Madonnen“ wird gefördert durch die Rhein Energie Stiftung Kultur