Ein Labor der Geschichte

Das NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln ist die größte lokale Gedenkstätte Deutschlands. Die Vermittlungsaufgabe des Museumsteams ist eine große Herausforderung, und unsere Kollegin Barbara Kirschbaum sieht vor allem die Arbeit mit Schulklassen als eine herausragende und verantwortungsvolle Aufgabe. Die Pädagogin berichtet, dass ein Großteil der Gruppen aus Klasse 8 bis 10 kommen. Ihr besonderer Verdienst ist es, über die Betreuung dieser Kernzielgruppe hinaus auch didaktische Programme für Schülerinnen und Schüler im Alter von 8 bis 12 Jahren entwickelt zu haben.

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Das Geschichtslabor im NS DOK (Foto: NS DOK)

Die Erfahrungen aus vielen Workshops und erlebnisorientierten Angeboten konnte sie jetzt in die Konzeptarbeit am neuen Geschichtslabor einbringen, das derzeit im NS-Dokumentationszentrum entsteht. denn ein glücklicher Umstand sorgte für eine Ausweitung der Museumsräume und die stehen nun vor allem für die Museumspädagogik zur Verfügung. Daher kann man hier mit innovativen Vermittlungsmethoden einen ganz neuen Ansatz wagen.

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Objekte für die Recherche (Foto: Museumsdienst Köln)

 

Seit dem Frühjahr 2011 plante eine Gruppe das Konzept des neuen Geschichtslabors, das nun, nachdem auch die Finanzierung der Räumlichkeiten abschließend geklärt wurde, voraussichtlich zum Ende des Jahres auch mit Workshops und Selbstlernstationen neue Wege der Vermittlung gehen wird. Barbara Kirschbaum und ihre Kollegen haben ein spannendes Vorhaben verfolgt. „Das Konzept entwickelte sich Zug um Zug durch die produktive Diskussion in dem kleinen Team. Spielerische, motivierende Elemente wurden mit Anregungen zum selbsttätigen Lernen verbunden“, berichtet Kirschbaum von der Planungsphase. „Das Konzept musste darüber hinaus so flexibel sein, dass es von interessierten Einzelbesuchern und von Schülergruppen der Klassen 8 – 12 benutzt werden kann und sowohl für die museumspädagogische Arbeit des NS-Dokumentationszentrums als auch für die der Info- und Bildungsstelle geeignet ist.“

Man hat sich bei der Präsentation vor allem auf die Schulung der Wahrnehmung konzentriert. Bereits die Gestaltung des Raumes zeigt: Hier findet etwas Besonders statt. Wenn man ihn beitritt, ist man vielleicht zunächst verwirrt, überrascht. Dinge sind nicht so, wie man sie erwartet hätte. Alltagsobjekte hängen von der Decke herunter und sogenannte „Mystery Questions“ regen die Assoziationen und das Nachdenken der Besucher auf ungewöhnliche Weise an.“Zum Beispiel die Frage, was haben eine Milchkanne, ein Briefmarkenalbum und ein Baströckchen gemeinsam. Hier hilft dann ein Blick auf die Möbelwand, auf der die erwähnten Dinge zu sehen sind. Man kann diese dann herausnehmen und weitere Hinweise dazu suchen, die sich auf Schranktüren und Schubladen befinden. So kommt man dann von selbst auf die Verbindung der Gegenstände zu einer Geschichte aus der NS-Zeit. Diese wird einem präsentiert, wenn man nach erfolgreicher Suche einen Zahlencode auf einem Monitor eingibt.“

Solch eine praxisorientierte und gemäßigt konstruktive Didaktik ist nach Überzeugung Barbara Kirschbaums die adäquate Vermittlung der historischen Lebenswirklichkeiten. Zusätzlich zu diesen assoziativen Vorgehensweisen stehen allerdings auch vertiefende Materialien für die Beschäftigung der einzelnen Themen zur Verfügung. Wichtig ist ihr auch, dass der Gender-Aspekt ausreichend bedient wird. Die Entdeckungen rund um das Baströckchen führen zur Geschichte des jüdischen Jungen Manfred Simon. Und wenn man der Frage nachgeht: Was haben Kittelchen, Küken und Bonbons gemeinsam? Dann lernt man ein 14-jähriges BDM-Mädel kennen.

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Objekte für die Recherche (Foto: Museumsdienst Köln)

 

Das Geschichtslabor wird sich mit vielen drängenden Themen rund um die NS-Zeit beschäftigen. Auch für die in den schulischen Curricula festgeschriebene Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus wird es im neu geschaffenen Geschichtslabor neue Möglichkeiten der Ansprache junger Menschen geben. Ab Ende des Jahres kann man das zweieinhalbstündige Workshop-Angebot des NS-Dokumentationszentrums der Stadt Köln buchen.

Anke von Heyl

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