Wir haben an dieser Stelle ja schon mehrfach zum Thema Partizipation geschrieben. Und möchten auch noch einmal auf die Tagung verweisen, die wir vor drei Jahren mit dem Bundesverband Museumspädagogik und dem ICOM veranstaltet haben. Die sich verändernde Gesellschaft bringt kultursoziologische Perspektiven ganz neuer Couleur und vor allem die museumspädagogischen Programme müssen sich mehr denn je auf die Bedürfnisse unterschiedlicher Bevölkerungsschichten einstellen. Die multikulturelle Gesellschaft verlangt besondere Teilhabe-Strategien. Mehrsprachigkeit muss zu einem wesentlichen Aspekt der Vermittlungsarbeit werden. Und dass dies nicht allein über Führungen in unterschiedlichen Herkunftssprachen geschehen kann, ist klar! Es gilt, maßgeschneiderte Methoden zu entwickeln. Hier hat sich die Zusammenarbeit mit der Universität zu Köln ebenso fruchtbar erwiesen wie die Unterstützung durch das Zentrum für Mehrsprachigkeit und Integration bzw. die Regionale Arbeitsstelle zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien.
Es hat sich herausgestellt, dass das Museum sich in seiner Funktion als außerschulischer Lernort besonders eignet, die Forderung nach einem respektvollen Umgang mit kulturellen und herkunftssprachlichen Hintergründen einzulösen. Voraussetzung dafür ist vor allem, dass es kein „Richtig“ und kein „Falsch“ gibt in der Begegnung mit der Kunst oder den Objekten aus einer anderen Zeit, einer anderen Kultur. Es geht darum, Erfahrungen zu machen und Geschichten zu erzählen. Wenn die Sprachdidaktiker und auch die Kulturwissenschaftler bereit sind, ein wenig abseits der harten Fakten unterwegs zu sein, entsteht ein herrlich offenes Klima. Viele Perspektiven, viele Sprachen. Integration ist keine Einbahnstraße, habe ich jüngst irgendwo gelesen. Das trifft es irgendwie.

Mit zahlreichen Projekten wollen wir auch die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die vielen Sprachen, die in unserer Gesellschaft gesprochen werden, auch im Museum ihren Platz haben. Der u.a. vom ZMI geförderte Kinderführer „Schlüssel zum Mittelalter“ ist hier ein Pilotprojekt, das zu Texten und Wortfeldsammlungen zu bestimmten Objekten des Museum Schnütgen anregt und auffordert. Ob dies ABC-Listen zur Georgslegende sind oder die Attribute der Jungfrau Maria – je größer die Sprachenvielfalt, desto größer der Gewinn im Sinne der Teilhabe. Es war eine wahre Freude, dies alles mit Schülerinnen und Schülern der Kölner Europa-Verbundschulen auszuprobieren. Der Erfolg des Kinderführers ist darüber hinaus auch im innovativen Design zu sehen, welches das „Selbermachen“ durch kleine haptische Eyecatcher und poppig-freche Elemente absolut herausfordert.

Die sprachlichen Äußerungen – seien es die in der Herkunftssprache oder in Deutsch als Zweit- bzw. Fremdsprache – lassen sich hervorragend motivieren, wenn es um die Präsentation von Themen geht, die ein echtes Anliegen sein können. So haben wir mit dem Projekt „Aus einem fernen Land“ auf allen Seiten uneingeschränkte Begeisterung erzielt. Bei den Schülerinnen und Schülern, weil sie voller Stolz Festtagsgewänder aus den jeweiligen Ländern präsentierten und mit selbst geschriebenen Moderationen selbstbewusst auftreten konnten. Bei den beteiligten Lehrerinnen, weil sie die oft auch vorherrschenden Probleme der Sprachintegrationsklassen einmal in den Hintergrund gestellt sahen und sich über die extrem motivierten Schülerinnen und Schüler freuen konnten. Und bei uns Museumspädagogen, weil das echte Interesse am Thema Kleidung im Rautenstrauch-Joest-Museum so großartig war.

Das Schöne ist: Die Vielfalt der Kölner Museumslandschaft birgt ein riesiges Potential, mit dem sich ein wahrer Schatz an multikulturellen Möglichkeiten heben lässt. Gemeinsam mit der RAA haben wir uns vor allem auch in der Multiplikatorenschulung auf diesem Feld engagiert. Das Projekt „Orient Express“ im Museum für Angewandte Kunst bot ein ideales Arbeitsfeld dafür, denn die Sammlung hat nicht wenige Objekte, welche sich im orientalischen Kulturkontext vermitteln lassen. In einem Workshop mit Mitarbeiterinnen des Begegnuns- und Fortbildungszentrums muslimischer Frauen haben wir einen Parcours durch das Museum erarbeitet, der später von Müttern und Kindern im Tandem mit kreativen Schreibrezepten ausprobiert werden konnte. Dabei hat sich eine wunderbare Mischung von Kompetenzen ergeben, die zeigt, wie sich unterschiedliche Perspektiven und Wissensstände ergänzen. Meist konnten die Kinder den Müttern sprachlich unter die Arme greifen. Diese wiederum wussten mehr über die einzelnen Objekte zu berichten. Das war Kulturvermittlung auf Augenhöhe, wie es schöner kaum sein kann.

Die Liste der mehrsprachigen Pilotprojekte beim Museumsdienst ist lang. Wir sind in einem ständigen Entwicklungsprozess, lernen immer mehr durch die Begegnung mit den unterschiedlichsten Protagonisten. Es gibt mehrsprachige Parcours durch das Rautenstrauch-Joest-Museum und demnächst auch im Kölnischen Stadtmuseum. Das mit Mitteln der PWC-Stiftung entwickelte Englisch-Lernprogramm „Let’s Talk About Art“ läuft seit 2007 und es gibt mittlerweile auch filmische Dokumentationen zu unserer Arbeit auf dem Gebiet der Mehrsprachigkeit. Wir freuen uns über so viel Offenheit auch und vor allem auch in den beteiligten Museen, die ihre Türen immer weiter aufmachen für alle Besucher. Woher und mit welchem Hintergrund sie auch kommen mögen. Wir versprechen, dass wir den Weg innovativer Pilotprojekte weitergehen werden. Denn es gilt, sich auf diesem Gebiet weiter zu professionalisieren. Karin Rottmann, die Initiatorin der Spezialprogramme zur Mehrsprachigkeit im Museum, ist vom Erfolg überzeugt: „Ein Anfang ist gemacht und das Interesse bei vielen Kolleginnen und Kollegen geweckt. Nun dürfen wir nicht nachlassen, die Programme zu bewerben und die aktive Mitarbeit unseres Publikums zu unterstützen“.
Anke von Heyl