Ruhe und Entspannung beim Betrachten der Bilder – auch das kann Ziel der Kunstvermittlung sein. Dass man dies durch den kunsthistorischen Vortrag eher nicht erreichen kann, dürfte jedem klar sein. Obwohl es manchmal vielleicht doch auch vorkommt, dass der ein oder andere Besucher bei Führungen zwar den Worten lauscht, gedanklich jedoch wo ganz anders weilt. Was aber, wenn man diesen Zustand des entspannten Weggleitens einmal bewusst hervorrufen würde. Und zudem noch die innere Bilderwelt mit der des zu betrachtenden Kunstwerks verknüpfen könnte? Hierzu benutzen wir immer wieder die Technik der Traumreise.
Damit bezeichnet man ein imaginatives Verfahren, welches dazu angelegt ist, durch vorgelesene Texte die Fantasie anzuregen und beim Zuhörer – und in diesem Falle Betrachter – eine Reise voll mit angenehmen Sinneseindrücken anzuregen. Zugegeben, diese Erfahrung im öffentlichen Raum eines Museums machen zu können, ist ein wenig gewöhnungsbedürftig. Dennoch ist es ein interessanter Versuch, das Bedürfnis innerer Einkehr und Versenkung, welches in der Tat viele Menschen ins Museum bringt, einmal auf eine andere Art und Weise zu bedienen. Wir haben bis jetzt in geschlossenen Workshops mit diesen Traumreisen spannende Erfahrungen machen dürfen. Hier möchten wir Ihnen gerne eine Traumreise vorstellen, die zu Paul Klees berühmten Werk „Hauptweg und Nebenwege“ aus dem Jahr 1929 entstanden ist.

Traumreise in die blaue Welt (Autor: Omar El-Saeidi)
Lege dich hin und schließe die Augen. Stelle dir vor, du hast eine lange Reise durch die Wüste gemacht, am Nil entlang, der manchmal hellblau war, manchmal grün und manchmal sogar durch die Abendsonne rot. Doch nun fließt dieser Fluss, und du erreichst das Meer.
Während du immer ruhiger wirst und die Pyramiden und Ägypten hinter dir lässt, tauchst du ein in die unendliche Weite des Meeres, die so unendlich ist wie dein Körper.
Du bist ganz still, Geräusche um dich herum nimmst du wahr, aber Sie stören dich nicht, sie gehören dazu. Deine Arme sind ganz schwer und warm, deine Beine liegen auf dem Boden, auch diese sind warm und schwer. Dein Kiefer entspannt sich, auf deinem Gesicht breitet sich ein Lächeln aus, du bist völlig entspannt und ruhig, deinen Körper spürst du gar nicht mehr, es ist so als würden Zeit und Raum verschmelzen, während du aus dir selbst atmest wie das Meer—
Du läufst dem Meer entgegen. Vor dem Meer setzt du dich in deinen Strandkorb, der dir Platz zum Ausruhen und Faulenzen schenkt. Du schaust von hier aus in den blauen Himmel mit Watte-getränkten Wolken.
Du hörst der Meeresbrandung zu, das Rauschen der Meereswellen, mal hart und mal friedlich, schmettert das Wasser über den Sand. Die Luft ist rein und du schmeckst das Salz des Meeres auf deinen Lippen. Alles ist so friedlich und harmonisch hier.
Du stehst auf und gehst ein Stück. Ebbe und Flut – den Meeresboden unter deinen Füßen, das fühlt sich rau aber auch warm an.
Das herannahende Wasser umspült leicht deine Fußgelenke und du spürst die Kraft des Meeres und du bekommst Ehrfurcht vor dieser unendlichen Weite des Meeres.
So langsam kehrst du zurück. Es ist schon spät, du trinkst noch einen warmen Kakao in deinem Lieblingsrestaurant. Der Duft des Kakaos macht dich wach und du weißt, zu deinem Lieblingsort kannst du jederzeit wieder zurückkommen. Dreh dich noch einmal um und schau hinüber auf dein Meer und nimm ein wenig Stille, Ruhe, Liebe und Frieden mit und tritt die Rückreise an.
Bewege jetzt ein wenig deine Füße, recke und strecke dich und komm nun wieder langsam zurück: Strecke deine Arme und Beine! Atme tief ein und aus! Und öffne deine Augen!
Anke von Heyl