
Dieses kleine Andachtsbild zeigt „Maria im Grünen“, von einem westfälischen Meister wahrscheinlich um 1420 auf Nußbaumholz gemalt. Nur 18,0 x 12,5 cm ist die Tafel, die dem Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud gehört (WRM 0337). Wie viel Wert der Meister auf die Gestaltung des Mantels gelegt hat, kann man erahnen, wenn man dem schwungvollen Faltenwurf folgt und die farbigen Schattierungen betrachtet. Auch einige Jahrzehnte später spielt das Blau des Marienmantels noch dieselbe große Rolle bei der Versenkung in die himmlischen Sphären, denen man bei der privaten Andacht im stillen Kämmerlein näher kommen wollte. In vielen Bibelstellen wird auf die Verbindung von Blau = Himmel hingewiesen, und auch der Saphir als Himmelsstein taucht in der Beschreibung des himmlischen Jerusalem prominent auf. Diese Vorstellung und die Verehrung Mariens als Himmelskönigin führen zu ihrem blauen Mantel.

Stephan Lochners Madonna ist wahrlich die Königin aller Mariendarstellungen im Wallraf, und man steht immer wieder staunend vor diesem Blau, das im Jahre 1450 gemalt wurde und so gut wie keinen Verlust der Leuchtkraft zeigt. Das Geheimnis liegt im Pigment. Das wurde nämlich aus zerstoßenem Lapislazuli hergestellt. Natürlich war dieser nicht einfach zu bekommen – er wurde über abenteuerliche Wege aus Afghanistan gebracht und war ebenso teuer wie Gold. Man kann davon ausgehen, dass der Auftraggeber eines solchen Bildes vertraglich sehr genau festgelegt hat, wie viel von dem kostbaren Blau auf das Bild sollte. Hier wurde es recht üppig eingesetzt – nimmt man auch die Flügel der Engel hinzu. Auch Stephan Lochners malerische Meisterschaft trug dazu bei, dass dieses Blau intensiv leuchtete und in den raffinierten Schattierungen noch betont wurde.

Wie man mit verschiedenen lasierenden Schichten ein Blau zaubern konnte, das den mittelalterlichen Betrachter wie den heutigen Museumsbesucher gebannt innehalten lässt – auf dem Genter Altar wurde es ihm vorgemacht. Um 1430 herum zauberte Jan van Eyck aus Ultramarin und Azurit einen unglaublich kostbaren Madonnenmantel. Das Azurit war mindestens genaus schwierig zu besorgen, wie das aus dem Lapislazuli gewonnene Ultramarin. Denn es besteht aus einem seltenen Mineral und muss aufwändig gefördert werden. Das satte Blau behauptet sich neben dem blutroten Christusgewand – der hier als Weltenrichter auftritt und dem grünen Umhang, den sich Johannes der Täufer vom gleichnamigen Evangelisten ausgeliehen hat. Ein Farbendreiklang, der schöner nicht sein könnte.
Anke von Heyl
‚Kleureyck‘ ist eine Ausstellung im Design Museum Gent vom 13 März bis 6 September 2020 über den innovativen und vielschichtigen Einsatz von Farben, wobei Gegenwart und Vergangenheit miteinander verbunden werden. Der Ausgangspunkt der Ausstellung ist der besondere Umgang von Jan van Eyck mit Farben, was nach der Restaurierung seines Werks Der Genter Altar erneut in vollem Umfang sichtbar wird. Die Ausstellung ist als Wanderung durch die sieben Schlüsselfarben und das Pigmentuniversum von Jan van Eyck und seiner Zeitgenossen konzipiert, wobei Wissen, Inspiration und Mystik die Grundlagen bilden. Siehe hierzu auch: https://www.kunstbilder-galerie.de/kunstdrucke/kuenstler-jan-van-eyck.html
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