oder Gedenke des Todes
Das Bild der 44. Kalenderwoche, die Photographie einer Holzskulptur, welche im 18. Jahrhundert von einem unbekannten Künstler geschnitzt wurde, versinnbildlicht den Tod und fordert dazu auf, den Gedanken daran nicht gänzlich zu verdrängen. Im Mittelalter war der Tod omnipräsent, nicht zuletzt aufgrund zahlreicher Kriege und Epidemien, die das Leben prägten. Im Text zum Bild der Woche heißt es weiter:
Nach der ersten Episode des „Schwarzen Todes“, der Pest, im 14. Jahrhundert spürten die Überlebenden das Bedürfnis, den abstrakten Begriff des Todes greifbar und sichtbar zu machen. So entstand eine neue Ikonografie, in der der Tod als Sieger dargestellt wurde. Zugleich wurde er als ambivalentes Symbol betrachtet, da er einerseits das Leben beendete, andererseits Auferstehung und Wiedergeburt ermöglichte. ….die Holzskulptur, die trotz ihres kleinen Formats einen starken Eindruck macht, ist ein herausragendes Beispiel einer Todesallegorie, die den Menschen das Konzept des Memento mori vor Augen bringen sollte.
Zum Bild der Woche geht es hier
Heute beschäftigt man sich meist nur aus gegebenen Anlass mit dem Tod. Das Thema wird eher tabuisiert und doch, ob wir wollen oder nicht, wir können dem Thema nicht entgehen. Ich möchte Sie daher gern einladen, sich anlässlich des Bild der Woche dem Thema zu nähern und sich mit dem Bild ein wenig zu befassen.
Bitte sehen Sie sich das Bild intensiv an, nehmen Sie sich dafür ungefähr 5 Minuten Zeit. Am Einfachsten ist es, Sie stellen sich einen Timer (Mobiltelefon, Wecker) auf exakt 5 Minuten. Bereit? Schreiben Sie dann im Anschluss Ihre spontanen Gedanken, Assoziationen und Erinnerungen untereinander auf ein Blatt Papier.
Hier dazu noch einige Anregungen:
- Welcher persönliche Bezug (Person/ Gegenstand/Musik u.ä. ) kommt Ihnen in den Sinn?
- Was haben Sie an der Skulptur als zentral wahrgenommen oder
- ist eine Erinnerung aufgezogen?
- was hat den Blick besonders gefesselt?
- gibt es ein Detail, das Sie auch noch beschäftigt hat?
- ist da etwas, was Ihnen eher positiv auffällt an der Skulptur oder an dem Thema?
- kennen Sie ein Bild mit ähnlicher Wirkung auf Sie?
- was sehen sie nicht auf dem Photo
Schreiben Sie ohne lange Nachzudenken und folgen Ihren Gedanken
Aus den Stichworten, Gedankensplittern, Adjektiven und Begriffen wählen Sie nun
- Ihre persönliche Überschrift aus
- wer mag, fertigt eine Stichwortsammlung von mindestens 10 Wörtern
- schreiben Sie anschließend Ihren Text unter Verwendung der zehn Wörter (und weiteren natürlich)
- Wer Lust hat kann nach diesem „Muster“ vorgehen: Einleitend mit dem Wort „Gestern“ beginnen, nach ca. 3-4 Sätzen fortfahren mit „Heute“ (3-4 Sätze schreiben) und den letzten Abschnitt beginnen mit „Morgen“ (mehrere Sätze).
Viel Erfolg beim
Schreiben
Stellen Sie den Timer, nun auf 15 Minuten. Schreiben Sie. Da die Zeit begrenzt ist, eignen sich Momentaufnahmen, Vignetten, Augenblicke, Blitzlichter, einfach Textformen. Gedankensplitter und Momentaufnahmen sind gute Anfänge fürs Schreiben.
Und: Zu langes Nachdenken behindert das spontane Hinschreiben; folgen Sie den ersten Impulsen, dabei die Perfektion aufgeben, vertrauen Sie und überlassen Sie sich dem eigenen Ausdruck!
Noch ein Tipp: Sich zu wiederholen ist oft ein hilfreiches Mittel, immer wieder in den Schreibfluss zu kommen. Wenn der Schreibfluss stockt, dann schreiben Sie einfach auf eine anderes Blatt, was da gerade geschieht, was „jetzt“ passiert, z.B.: es stockt, kein Gedanke stellt sich ein. Meistens geht es dann wieder weiter..
Ihre
Susanne Kieselstein
Kommentar zum Bild der Woche 44
Momento mori, Holzskulptur aus dem 18. Jahrhundert
Künstler unbekannt
Schaurig schöner Tod.
Gerne hätte ich gewusst wo diese kleine Holzskulptur, Momento mori, zu Hause ist. Ich stelle mir eine kleine Kapelle vor, wo die Skulptur einen besonderen Platz hat.Vielleicht auf einem erhöhten Sockel, der vom Licht der Kapellenfenster erhellt erscheint. Diese Skulptur hat etwas, das den Betrachter in seinen Bann zieht. Ist es die Angst vor dem Tod,oder Neugierde auf Unbekanntes? Nein, Angst ist es nicht, obwohl die dargestellte Figur des Todes nicht einladend aussieht. Der knöcherne Leib und das Totengesicht lassen schon ein wenig schaudern. Zugleich aber erscheint die Haltung des Todes stolz und aufrecht. Sein Körper ist in ein zerfranstes Tuch gewickelt und lässt ihn somit nicht in voller Nacktheit sehen.
Was will er uns sagen? Was hat er mit seinem Speer vor? Wen will er damit treffen, oder muss auch er sich damit verteidigen?
Auffallend ist, das der Speer verkehrt herum in der Hand des Todes liegt, denn die Speerspitze zeigt nach oben. Vielleicht wägt er noch ab über Leben und Tod zu entscheiden. Vielleicht mag er auch das Lebendige? Zu seinen Füßen sitzt ein kleiner Frosch,der den Tod mutig anschaut. Er scheint keine Furcht zu haben.
Auf meiner letzten Urlaubsreise besuchte ich die kleine Insel Spinnalonga, die als die Pestinsel bekannt ist. Dort begegnet man dem Tod in vielfältiger Form. Die Menschen, die dort früher gelebt haben, waren nicht freiwillig dort, sie hatten die Pest. Eine kleine Kapelle ist noch heute geöffnet. Grieschich Orthodoxe Mönche beten und singen hier. Die Skulptur Momento mori hätte an diesem Ort den richtigen Platz. Der Betrachter der Skulptur sähe Leben und Tod, höre wunderbaren Gesang und sähe ein Sonnenlicht, das die eigentliche Schönheit der Todesskulptur leuchten ließ und alle Ängste wären vergessen und abgelegt.
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Der Sensenmann geht um
Das Skelett ist es, das die anderen, bedrückenden Bilder aus den Medien wachruft. Bilder, die zu aktuellen Nachrichten aus dem Jemen gehören. Nachrichten von großer Not und unermesslichem Leid. Die Skulptur, eine Allegorie des Todes, wie man sie aus dem Mittelalter kennt. Diese hier, stammt aus dem 18. Jahrhundert und ist von einem anonymen Künstler geschaffen, anonym. Anonym auch die Namen der unzähligen, vom Hungertod bedrohten Menschen. Eine Zahl: 22 Millionen Menschen, die auf humanitäre Hilfe angewiesen sind. Eine weitere: 5 Millionen Kinder, die durch Hunger bedroht werden, Kinder, die der Tod holen wird, weil keine Nahrungsmittel verfügbar sind.
Die Zahlen lassen den Menschen anonym bleiben, Zahlen eben.
Was sich sofort vermittelt: Das Bild des bis auf das Skelett abgemagerten Säuglings, konkret und fassbar und fassungslos zurücklassend. Ganz nah kommt das Bild, wie sich der Tod diesem kleinen, jungen Erdenbürger bereits angenähert hat und sein Leben angreift und intensiv bedroht. Der Tod in Halbacht-Stellung, bereit, zuzuschlagen. Der Erlkönig.
Der Tod durch Hunger im 21. Jahrhundert. Die Skulptur scheint angesichts dieser erschütternden Nachrichten aus dem Jemen sehr aktuell. Losgelöst von dem individuellen Mahnmal, memento mori, ist sie auch noch anders zu lesen.
Für uns, all jene Menschen, deren Wohlstand und Auskommen gesichert ist, kann sie auch als überindividuelles Mahnmal stehen: Seht hin, schaut her, der Tod ist allgegenwärtig, und derzeit greift er um sich in all jenen Ländern, in denen kriegerische Auseinandersetzungen stattfinden. Das Leben unzähliger Menschen, Millionen von Menschen, ist auf Härteste bedroht. Vergesst diese Menschen nicht.
Hilflos blickt der Betrachter erneut auf die Skulptur und wünscht sich, etwas tun zu können, dem Tod etwas entgegen zu setzen. Ob eine Spende bei dem kleinen Säugling auf dem Bild noch helfen kann?
Die Holzskulptur – unerwartet politisch und fordernd:
Bedenke, was du tun kannst!
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