Für die Generation 40+ wird ein Rundgang durch die neue Sonderausstellung des MAKK zu einer Tour de Nostalgie: Erinnerungen an eine Zeit, in der man vor dem Kassettenaufnahmegerät saß, in freudiger Spannung, dass endlich „99 Luftballon“ läuft, und man rechtzeitig die rote Aufnahmetaste drücken kann. Und dann – Verkehrsnachrichten! Stunden des Ausharrens und Wartens vergeblich!

Diese Erfahrung macht man nicht, wenn man mit einer Schulklasse durch die Räume des Museums geht: Manche Jugendliche kennen den Begriff „Radio“ gar nicht. Den meisten sind Radiogeräte völlig unbekannt. Wer helfen auf die Sprünge: „Das ist das, was Mama und Papa immer im Auto einschalten“ Ahhhhhh – Jetzt! Radio hören gibt es also noch, aber vielerorts nur noch rein digital, über das Internet zum Beispiel, aus dem Handy oder dem Tablet. Das Zeitalter des formlosen Radios hat anscheinend begonnen. Wir hingegen reisen zunächst in die Zeit der ersten Formfindung.

„Bereits 1926, drei Jahre nach der allerersten Radiosendung, zählten die deutschen Sendeanstalten eine Million Teilnehmer – Schwarzhörer, sogenannte ‚Zaungäste‘ nicht mitgezählt“, erfahren die Schüler des Heinrich-Mann-Gymnasiums aus Köln von unserer Kollegin Anja Reinicke: „Bei so viel Begeisterung für das erste Massenmedium wusste man aber nicht, wie so ein Gerät eigentlich aussehen soll. Beim wenige Jahre zuvor erfundenen Auto war diese Frage leichter zu beantworten, da orientierte man sich an Kutschen – aber für das Radio gab es keine Vorbilder.“
Erste Geräte gab es dann sehr schnell, aber sie waren zunächst fast unbezahlbar, bis der Volksempfänger auf den Markt kam. „Der kostete dann etwa 70-80 Reichsmark und konnte mit der Stromrechnung in Raten abgezahlt werden. Der durchschnittliche Verdienst eines Industriearbeiters lag bei etwa 200 Reichsmark“. – „Dann kostete der Volksempfänger also so viel wie heute ein IPhone“ schließt ein Schüler. In einem „Musterzimmer“ aus den 1930er Jahren kann man sehen, wie das Gerät mitten auf dem Tisch steht, also zum Gegenüber der Zuhörer wird. Kaum vorstellbar, wie die gesamte Familie ein hier ein Fußballspiel hier verfolgte – als reinen Höreindruck!

Mediengeschichte, Designgeschichte und Kulturgeschichte werden erfahrbar. Begeistert sind die Schüler bei der Entdeckung des Space Age Design: Das Raumfahrtzeitalter begann mit der Entsendung des russischen Satelliten Sputnik, und die damit einhergehende Euphorie wird auch in den Alltagsgegenständen deutlich: manche Radiogeräte wirken wie Astronautenhelme, Raumkapseln oder ganze Kommandozentralen, wie das Gerät „Commander Luxus“.
Das Radio soll aber nicht als rein museales Objekt in Erinnerung bleiben, deshalb wird unser Workshop in der unmittelbaren Nachbarschaft fortgesetzt: in den 1LIVE Studios des WDR. Im Jugendsender lernen die Schüler einen modernen multimedialen Sendebetrieb kennen. Anschließend geht es in die Medienwerkstatt des WDR, ins STUDIO ZWEI, um eine eigene Radiosendung professionell vorzubereiten und aufzuzeichnen. Musik, Jingles, Klangbetten, Nachrichten, Sport, Wetterberichte, Comedy … alles was im Radio in der sogenannten „Stundenuhr“ zu hören ist, wird in der „Redaktionssitzung“ zusammengestellt.

Zwei Schülerinnen oder Schüler moderieren die Sendung, andere beteiligen sich als Studiogäste oder Nachrichtensprecher. Vier Jugendliche bedienen unter Anleitung die Sendetechnik und „fahren“ die Produktion mit modernsten, professionellen Geräten. Vier Coaches betreuen die sehr konzentriert arbeitende Klasse. Der vierstündige Workshop hat die Schüler überhaupt nicht ermüdet. „Das machen wir zum nächsten Wandertag noch einmal!“ – verkündet ein Schüler. Mit Stolz und Freunde wird die fertige Sendung präsentiert und sicherlich noch am selben Abend allen greifbaren Freunden und Familienmitgliedern zu Hause vorgespielt!
Andrea Imig