Schon mehrmals hatten wir zusammengearbeitet – heute kam die Klasse der Schule „Am Römerturm“ jedoch in weitgehend neuer Zusammensetzung. Einige der Schülerinnen und Schüler sind neu in die Lerngruppe gekommen und kannten die Arbeit im Museum noch nicht so gut. Die „alten Hasen“ erklären den Neulingen schnell, wie das so abläuft. Wir versammelten uns zunächst in einem ruhigen Besprechungsraum und klärten, was wir heute im Museum machen wollten. Anders als die Museums-AG der Pestalozzischule, hatte Lehrerin Janina Goldberg ihre Schülerinnen und Schüler im Matheunterricht mit dem Thema „Formen“ beschäftigt. Dass dieses Thema auch etwas mit dem Museumsbesuch zu tun hatte, wussten die Jugendlichen allerdings nicht.
Deswegen sortierten wir erst mal unser Vorwissen und ordneten die mitgebrachten Wörter den Formen zu. Im Museum gingen wir dann auf die Suche nach diesen Formen. Es war erstaunlich, dass in sehr vielen Bildern diese Formelemente zu finden sind, auch wenn es gar nicht um Geometrie ging. Es ist schön, die Schülerinnen und Schüler auch mal frei zu Kunstwerken reden zu lassen. Vor Paul Klees „Hauptweg und Nebenwege“ wurde nicht nur die Nillandschaft entdeckt, man sah auch direkt eine Leiter, die von unten nach oben in den Himmel führt. Und ein Schüler meinte, dass man dahin ginge, wenn man tot sei und ein anderer sah, dass man direkt zum Himmel gehen oder auch Umwege gehen könne.

Seiwerts Gemälde „Stadt und Land“ wurde auf die bereits beschriebene Weise bearbeitet. Diesmal legten die Schülerinnen und Schüler Figuren im Stile des Vorbildes auf den Museumsboden. Es entstand eine Gemeinschaftsarbeit mit Feldern, einer Lokomotive, die zur Fabrik fährt und vielen bunten Bauern. Da unser Treffen das letzte in diesem Jahr war, wollten wir noch etwas besonderes machen. Die Klasse wünschte sich eine „Überraschung“ und ich erzählte eine kleine Geschichte zu Ernst-Ludwig Kirchners Gemälde „Bahnübergang“. Die Schülerinnen sollten mit den passenden Geräuschen meine Geschichte vertonen – die klassische Geräuschkulisse. Das gefiel einer Schülerin so sehr, dass sie fragte, ob sie die Geschichte auch mal erzählen dürfe und die Klassenkameraden die Geräusche machen sollten. Das war eine Premiere und wir alle hatten unsern Spaß.

Es ist erstaunlich, was regelmäßige Museumsbesuche bewirken. Ich bemerke, dass sich die Schülerinnen und Schüler mit jedem Mal freier im Museum bewegen, sich freuen und die Situation genießen. Es entsteht Vertrauen auf beiden Seiten. Es ist schön zu sehen, wie selbständig die Schüler ihre Aufgaben lösen und auch neue Dinge entdecken und ihre Potentiale nutzen. Die begleitenden Lehrerinnen heute bemerkten, dass die Klasse in der letzten Zeit sehr unruhig sei, dass das Museum jedoch eine Verhaltensänderung bewirkt. Die sonst schwierigen Jugendlichen sind hier ausgeglichen und diszipliniert. Das freut uns natürlich!
Karin Rottmann