1451. Die Pest in Köln

Am 30.11.2014 hatte das Theaterstück: „Meister Stephan und der schwarze Tod“ in der St. Theodorkirche in Köln-Vingst Uraufführung. Es war ein riesiger Erfolg in der vollbesetzten Kirche. Pfarrer Meurer ließ die Schauspieler  ihr Stück im Rahmen des Sonntagsgottesdienstes aufführen und würdigte den Einsatz der Theatergruppe mit großem Lob und Anerkennung. Es war der erste Advent, und das Thema passte in die aktuelle Predigt. Die ca. 500 Besucher, jung und alt, darunter viele Kinder, denn es handelte sich um Kindergottesdienst, lauschten mit großem Interesse. Dem Stück war ein Museumsprojekt, gefördert durch Kulturrucksack NRW, vorausgegangen.

Museumsworkshop

Der erste Termin fand am 27.09.14 im Wallraf statt. Zehn Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 14 Jahren kamen sehr neugierig ins Museum. Die Kinder und Jugendlichen hatten ganz unterschiedlichen Migrationshintergrund: türkisch, mazedonisch, albanisch, romanes, russisch und italienisch. Sie wurden von vier Pädagogen begleitet. Susanne Lang machte die Führung im Museum: informativ und altersgerecht. Die Auswahl der Gemälde zeigten Kölner Leben im Mittelalter in all seinen Details. Die Pänz erforschten das Bild der mittelalterlichen Stadt und erhielten Einblicke in Kleidung, Ernährung, Politik und Religion.

Einer der wenigen Maler, den man noch heute mit Namen kennt, war Stefan Lochner. Er war aber nicht nur Maler, sondern auch Mitglied im Rat der Stadt Köln. Als Handwerker war Lochner sehr erfolgreich, hatte wohl einige Gehilfen und konnte sich im Zentrum Kölns sogar ein Haus kaufen. Doch das nutzte ihm wenig: Man nimmt an, dass er zusammen mit vielen anderen 1451 an der Pest erkrankte und verstarb. So ließ sich an seiner Biographie und an den Gemälden der Mittelaltersammlung sehr viel ablesen.

Lochner, Stefan, Triptychon / Klappaltärchen, Eichenholz, 1445/1450 (Köln, Wallraf-Richartz-Museum + Fondation Corboud, WRM 0070.  (Foto: © Rheinisches Bildarchiv Köln, Mennicken, Marion, rba_c018366)
Stefan Lochner und Werkstatt: Triptychon / Klappaltärchen, 1445/1450, Köln, Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud (Foto: RBA Köln)

Die Farben wurden aus zum Teil wertvollen Substanzen aus aller Welt in der Werkstatt hergestellt. Das „Blau“ war eine der teuersten Farben, sie wurde aus Lapislazuli gewonnen, ein Halbedelstein, der in Afghanistan abgebaut wurde. Blattgold wurde aus purem Gold hergestellt. Dazu wurden Goldmünzen platt gehämmert und zum Teil mit Silber gemischt, damit es nicht so teuer wurde. Die Gestalten der Bibel und Heiligen wurden im Mittelalter wie die reichen Patrizier in Samt, Brokat und Seide dargestellt, die Armen kann man an der einfachen Kleidung aus Jute erkennen. Verheiratete Frauen trugen eine Kopfbedeckung, daher der Ausspruch „unter der Haube sein“. Ganz modern war eine hohe Stirn zu haben, die Frauen rasierten sich daher den Haaransatz.

Der Museumsworkshop endete im Werkraum mit der Aufgabe, Goldfolie ähnlich wie die Meister, Gesellen und Lehrlinge im Mittelalter zu punzieren. Das machte großen Spaß, und vor allem konnten alle ihre Ergebnisse mit nach Hause nehmen. Fast nebenbei entstanden Ideen für die Kulisse im Theaterstück zum Kulturrucksackprojekt. Man wollte eine mittelalterliche Stadtkulisse mit Stadtmauer, Stadttoren, Kirchen, der Dombaustelle und dem Rhein malen. Die Kinder und Jugendlichen waren höchst zufrieden mit ihrem Museumstag und freuten sich schon auf den zweiten Teil, einen Stadtrundgang.

Stadtrundgang

Der Spaziergang mit Bruder Jürgen Neitzert begann im Kölner Dom. Es nahmen ca. 20 Kinder und Jugendliche hieran teil. Im Zentrum stand erneut Stephan Lochner. Sein Haus stand in unmittelbarer Nähe eines Massengrabes, in das die Pesttoten der Epidemie von 1451 bestattet wurden. Der Rundgang führte uns weiter zum Rathaus mit den Ausgrabungen der Synagoge und des Judenviertels. Die sozialen Auswirkungen des „Schwarzen Todes“, der Pest, reichten sehr weit: Die Juden gerieten in den Verdacht, durch Giftmischerei und Brunnenvergiftung die Epidemie ausgelöst zu haben. Dies führte in vielen Teilen Europas zu einer Auslöschung der jüdischen Gemeinden. Die Projektgruppe besichtigte das Viertel, in dem Stephan Lochner am Ende seines Lebens gewohnt und gearbeitet hatte. Alles lag nur ein Steinwurf voneinander entfernt.

Kulissenworkshop

Am dritten Projekttag ging es schließlich zur Sache – die Theateraufführung rückte ja näher. Die mittelalterliche Stadtkulisse entstand mit Unterstützung unserer Kollegin Cristine Schell. Die Kinder hatten bereits ein klares Konzept, wie das mittelalterliche Köln aussehen sollte, und malten eifrig.

Theaterworkshop

Nun musste nur noch das Stücke eingeübt und geprobt werden. Das gelang binnen vier Tagen. Vom 14. bis zum 17.10. konnten die Kinder mit dem Schauspieler und Theaterpädagogen Omar El-Saeidi das Theaterstück erarbeiten: „Kulturrucksack-Projekt 1451 – Die Pest in Köln“ forderte ganzen Einsatz! Die Kinder und Jugendlichen wurden mit schauspielerischen und pädagogischen Methoden bühnenreif gemacht.

Aufführung

Bei derart guter Vorbereitung konnte am Ende nur ein Erfolg herauskommen.

Das Stück: „Meister Stefan und der schwarze Tod“

Erste Dialogszene:

Tobi (alias Gaga, schwer atmend): Meister Stephan! Meister Stephan! Die Pest! Die Pest ist in Köln angekommen!

Meister Stephan (alias Lili): Was sagst du da, Tobi? Die Pest? Oh mein Gott!

Tobi: Ja, Meister Stephan! Überall Tote! Alle Leute verstecken sich in Ihren Häusern! Die
Soldaten sperren die Menschen in ihren Häusern ein, aus Angst vor der Pest!

Meister Stefan: Jetzt beruhige dich, mein Sohn! Hast du denn meine blaue Farbe für die Heilige Maria mitgebracht!

Tobi: Nein, Herr! Wie denn? Alle Geschäfte haben geschlossen.

Meister Stefan: Ich brauche diese Farbe. Geh sie holen! Tue alles was du kannst!

Tobi: Aber Meister! Ich werde mich anstecken. Allein ein Blick genügt!

Meister Stefan: Du irrst dich. Ich habe gehört, dass die Pest von Ratten übertragen wird und dem Gestank der Pesttoten!

Tobi: Nein, sie kommt vom Teufel und ist unheilbar! Wir werden alle bestraft!

Meister Stefan: Tobi! Ich brauche diese Farbe. Halte dich von Pesttoten und den Abwasserkanälen fern. Hier ist ein Tuch. Das tränkst du in Essig und hältst es vor das Gesicht.

Tobi: Aber Meister Stephan!

Meister Stefan: Ich brauche die blaue Farbe. Los Jetzt!!!

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Meister Stefan und sein Gehilfe Tobi (Foto: Rosi Loos, Museumsdienst Köln)

Zweite Dialogszene:

Meister Stefan: So was von kalt heute. Furchtbar kalt.

Tobi: Es ist heiß. Sehr heiß. Ich hätte nicht gedacht, dass es so heiß sein kann. Meine Mutter sagt, es ist so heiß, dass wir am Ende sterben werden…

Meister Stefan: Aber hier ist es warm. Schön warm. Schön warm ist es hier. Hauptsache es ist nicht zu kalt.Denn frieren: Nein!

Gleichzeitig Tobi: Denn schwitzen: Nein!

Tobi: Wenn es kalt ist, friert man, und wenn es heiß ist, geht man ein.

Dritte Dialogszene:

Tobi: Meister Stephan, hier ist Eure blaue Farbe für die Heilige Maria!

Meister Stefan: Danke, Tobi! Ist dir auch so kalt.

Tobi: Nein, im Gegenteil, mir ist hei…

Fällt hustend in Ohnmacht.

Meister Stefan: Oh mein Gott! Tobi!!!

Meister Stephan pflegt Tobi. Er erwacht hustend und röchelnd.

Meister Stefan: Du wirst wieder gesund!

Tobi ergreift Meister Stefans Hand.

Tobi: Meister Stefan, bitte vollendet das Bild der heiligen Maria!

Gaga spricht den ersten Wunsch:  O Herr, …

Alle anderen:  AMEN/ AMIN!

Meister Stefan spricht den ersten Wunsch: O Herr,….

Alle anderen: AMEN!/AMIN!

Tobi spricht den zweiten Wunsch: O Herr,….

Alle anderen: AMEN!/AMIN!

Meister Stefan spricht den zweiten Wunsch: O Herr,….

Alle anderen: AMEN!/AMIN!

Tobi spricht den dritten Wunsch: O Herr,….

Alle anderen: AMEN!/AMIN!

Meister Stefan spricht den dritten Wunsch: O Herr,….

Alle anderen: AMEN!/AMIN!

Meister Stefan: Danke, oh Herr! Das Werk ist vollendet!

Meister Stefan bricht zusammen.

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Beim Schlussapplaus (Foto: Rosi Loos, Museumsdienst Köln)

ENDE

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