Ein Netz verbindet viele unterschiedliche Richtungen zu einem großen Ganzen. Seit nun mehr als 20 Jahren ist unsere Gesellschaft geprägt von dem Begriff des Netzwerkes, der eigentlich aus der Mathematik stammt, aber gerne auf andere Bereiche übertragen wird. Dieser Begriff ist neu – und hier findet man ein paar schlaue Gedanken im Zwiebelfisch-ABC dazu – aber die Idee ist eigentlich uralt.
Schon bei den alten Römern gab es unterschiedliche Interessensverbände und der Spruch „manus lavat manum“ ist im Ursprung ja eigentlich auch ein schöner Netzwerkgedanke. Blicken wir aber nicht gar so weit zurück, so stellt man zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine auffällige Häufung von Künstlergruppen fest, die sich damals miteinander vernetzt haben. Und eine der wichtigsten Gruppierungen ist die Künstlerschar, die sich um die Redaktion des Almanachs „Der Blaue Reiter“ versammelte.

Begonnen hatte alles mit der Neuen Künstlervereinigung München und – wie so oft in diesen Jahren – mit der Abspaltung von dieser. Wassily Kandinsky war die treibende Kraft damals im München. Mit seinem Künstlerkollegen Franz Marc verfolgte er das Projekt eines Alamanchs, in welchem alle avantgardistischen Strömungen abgebildet werden sollten. Die Idee dahinter und auch die von einer Wanderausstellung war: „eine innere Gemeinsamkeit in der Verschiedenheit aufzuzeigen“. Dabei setzten sie auf eine gewisse Gleichberechtigung der unterschiedlichen Kunstformen. So galt ihnen der Komponist Arnold Schönberg als eine wichtige Quelle. Sie nahmen aber auch „primitive“ Kunst und Bauernmalerei mit auf. Der Blaue Reiter war keine Künstlergemeinschaft, die eng miteinander lebte und arbeitete. Das unterschied sie zum Beispiel von der „Brücke“.
Es war aber das erste auch international umfassende Netzwerk, das vor allem die Verbreitung der Kunst und das gemeinsame Ausstellen zum Ziel hatte. August Macke, Gabriele Münter, Alexej von Jawlensky, Wassily Kandinsky, Alfred Kubin, Paul Klee, Marianne von Werefkin gehörten zum engeren Münchener Kreis des Blauen Reiter. In einer ersten gemeinsamen Ausstellung in der Galerie Thannhauser waren unter anderen auch der Zöllner Rousseau, Heinrich Campendonck und Robert Delaunay mit von der Partie. Das Netzwerk wurde zur zweiten Ausstellung noch größer und Hans Arp, André Derain, George Braque und Pablo Picasso erweiterten den Kreis. Da ein Netzwerk auch günstige Bedingungen braucht, um wachsen zu können, war dem des Blauen Reiter keine lange Lebensdauer gegönnt und mit dem Beginn des Ersten Weltkrieges begann die Zerstreuung in alle Richtungen.

Anke von Heyl