
Kostbar wie Gold und die Farbe der Götter – der weite Himmel und die Unsterblichkeit. Die Farbe Blau ist etwas ganz Besonderes. Und so wundert es nicht, dass sie schon in frühen Kulturen gefeiert wurde. Der Begriff Blau wird vom althochdeutschen blao abgleitet, was schimmernd, glänzend bedeutete. Obwohl oder gerade weil es als Farbstoff in der Natur nicht oft vorkommt, kennzeichnete man gerne das Besondere, das Heilige und Göttliche mit dieser Farbe. Die Ägypter verwendeten schon den Halbedelstein Lapislazuli. Die Römer kolorierten kostbare Gläser mittels Kobalt und mit der Waid-Pflanze färbte man schon im frühen Mittelalter Königsmäntel.
Für die mittelalterliche Tafelmalerei kannte man ein ganz außergewöhnliches Blau, das kaum verblasste und auf den Bildern auch heute noch leuchtet. Die Verwendung wurde zwischen den Auftraggebern und den Malern genau verhandelt. Und es drohten drastische Strafen, wenn mit Ersatzstoffen betrogen wurde. Albrecht Dürer soll sich einst bitterlich beschwert haben, dass dieses blaue Pigment unerschwinglich sei. Es wurde aus dem Lapislazuli gewonnen, der zu einem feinen Pulver verrieben wurde. Die mühsame Herstellung machte das Blau noch kostbarer. Und natürlich die Tatsache, dass dieser Stein aus fernen Landen importiert werden musst.
Dasselbe galt für das berühmte chinesische Porzellan aus der Ming-Dynastie, das im 18. Jahrhundert wegen der Feinheit des außergewöhnlichen blauen Dekors geschätzt wurde. Es gab mehrere Versuche, dieses zu kopieren und im niederländischen Delft entstanden deswegen schon Ende des 17. Jahrhunderts blau-weiße Keramiken.
Blau ist oft als Farbe der Sehnsucht bezeichnet worden. Man assoziierte sie mit der Ferne. Bei Novalis träumt der mittelalterliche Dichter Heinrich von Ofterdingen von einer blauen Blume. Nach nichts anderem sehnt er sich, in ihr sieht er eine paradiesische Einheit von Mensch und Natur. Die Rezeptionsgeschichte dieses Romans hat die „blaue Blume“ zum Synonym der Romantik werden lassen. Das Sehnen und Suchen nach ihr ist das Wesen der Naturmystik dieser Epoche.
„Diese Farbe macht für das Auge eine sonderbare, fast unaussprechliche Wirkung…Wir sehen das Blau gern an, nicht weil es auf uns dringt, sondern weil es uns nach sich zieht.“
(Johann Wolfgang von Goethe, Farbenlehre)
1828 regte ein Wettbewerb die Erfindung künstlicher blauer Pigmente an. Das schönste Blau der Welt sollte auf diesem Wege gefunden werden und der Franzose Jean-Baptiste Guimet erhielt den Preis. Zur gleichen Zeit erfand aber auch C.G. Gmelin aus Tübingen ein Verfahren zur künstlichen Herstellung von Ultramarinblau.
Etwa 120 Jahre später entwickelte ein Künstler sein eigenes Blau: der Franzose Yves Klein ließ sich „Y.K.B“ patentieren. „Blau dominiert, regiert, lebt. Es ist das Blau des Königs aller Grenzüberschreiter, das Blau der Fresken von Assisi. Diese volle Leere, dieses Nichts, das alles Mögliche umfasst, diese übernatürliche, ästhetische Stille der Farbe, die schließlich, jenseits von Anekdotik und formalem Vorwand, die unsterbliche Größe eines Giotto ausmacht.“

Blau hat auch eine synästhetische Seite. So attestierte Nietzsche dem Ton A-Dur in Wagners „Lohengrin“ einen blauen Klang und Kandinsky verglich das helle Blau mit dem Ton einer Flöte. Letzterer sorgte übrigens auch für das wohl deutlichste Bekenntnis zur Farbe Blau, das es in der Kunstgeschichte gibt. Er begründete auf der Begeisterung für sie gemeinsam mit Franz Marc die Anthologie „Der Blaue Reiter“, aus der eine der wichtigsten Künstlergruppierungen des 20. Jahrhunderts hervorging.
Wissen rund um das Thema Blau
- über Farben und Farbwirkung
- Nettes kleines Internet-Projekt zur Kulturgeschichte der Farbe Blau
- Sendung der DW zur Farbe Blau (Deutschunterricht)
Anke von Heyl